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Red Dead Redemption
Manchmal sind wir Videospieler schon ein komisches Völkchen. Da klagen wir wochenlang lautstark über den hartnäckigen Winter, sehnen uns den Sommer herbei und was machen wir, als es draußen endlich wärmer wird? Anstatt uns an den knapper werdenden Outfits der Mädels zu erfreuen, im Garten den Grill anzuwerfen und uns mit einem kühlen Bierchen in die Sonne zu setzen, fiebern wir Red Dead Redemption entgegen, packen mit zittrigen Händen das neue Werk aus dem Hause Rockstar aus und verstauen dieses in der Konsole, nur um uns im nächsten Moment dummen Fragen des sozialen Umfeldes zu stellen. „Draußen ist so schönes Wetter, die Sonne scheint und du befasst dich mit Videospielen?“, fragte mich mein Mitbewohner, als Red Dead Redemption auch privat in der Konsole rotierte. Ja, wieso auch nicht? Gegen die Sonne gibt es notfalls auch Jalousien.
Und irgendwie verschwendet man schon kurz nach dem Abtauchen in die faszinierende Welt von Red Dead Redemption ohnehin keinen Gedanken mehr daran, was um einen herum geschieht. Zu sehr ziehen einen die Jungs von Rockstar erneut in ihren Bann. Dass ich mit typischen Western eigentlich überhaupt nichts anfangen kann und mich eher mit dem modernen Setting eines GTA anfreunden kann, entpuppte sich entgegen den ersten Erwartungen nicht als ein Hindernis. Ähnliches gilt für die anfänglichen Vorwürfe, dass der Begriff Grand Theft Horse treffender gewesen wäre. Sicherlich, seine Ursprünge kann Red Dead Redemption zu keinem Zeitpunkt verleugnen. Dafür erinnert in Sachen Aufmachung und Missions-Design einfach zuviel an das hauseigene Vorzeige-Produkt. Und dennoch gibt sich Red Dead Redemption so eigenständig und einmalig, wie sich ein Open-World-Titel nur geben kann. Dies beginnt bereits bei den zahlreichen Protagonisten, die sich im Rahmen der Handlung zum Plot gesellen, alle ihre ganz eigenen Kämpfe austragen und eindrucksvoll verdeutlichen, dass Rockstar im Bereich der Charaktergestaltung so schnell niemand etwas vormacht. Seien es die hilfsbereite Bonnie, der Hauptcharakter John Marston oder der völlig durchgeknallte Seth, keiner der Darsteller wirkt in irgendeiner Form deplatziert respektive aufgesetzt und erfüllt innerhalb der glaubhaften Welt seinen Zweck. Doch der Reihe nach. In Red Dead Redemption übernehmt ihr die Kontrolle über den bemitleidenswerten John Marston, der sich in den ersten Stunden recht kühl gibt und nur wenig über sich selbst erzählen möchte. Mit gutem Grund, wie sich zeigen soll. Eigentlich möchte er mit seiner Frau und seinem Kind nicht mehr als ein friedliches Leben führen. Wie das Leben nun einmal so spielt, macht es ihm allerdings einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Um die Sicherheit seiner Familie zu gewährleisten, setzt ihn die Regierung auf einen ehemaligen Outlaw-Kumpanen an.
Mit fatalen Folgen: John wird von seinen ehemaligen Freunden über den Haufen geschossen und droht in der prallen Sonne dahinzuscheiden. Was ein Glück, dass die bereits angesprochene Farmerin Bonnie zur Stelle ist, John aufsammelt und ihn von einem Arzt zusammenflicken lässt. Um sich für die Hilfe zu bedanken und seine Schulden zu tilgen, entschließt sich John dazu, Bonnie ein wenig unter die Arme zu greifen, was gleichzeitig den Startschuss für die Handlung darstellt, die sich je nach Spielweise auf 15 bis 25 Stunden beläuft. Das mag im direkten Vergleich mit GTA IV etwas wenig klingen, bringt jedoch den Vorteil mit sich, dass sich das Gefühl, eine künstlich gestreckte Handlung durchleben zu müssen, bei Red Dead Redemption gar nicht erst einstellt. Das Abenteuer von Niko Bellic hingegen hatte in den letzten Stunden bekanntermaßen mit kleineren Abnutzungserscheinungen zu kämpfen. Wenn die ersten Missionen eines unter Beweis stellen, dann wohl die Tatsache, dass man auch weiterhin auf einen gemächlichen Einstieg vertraut, nur um euch nach und nach mit einer riesigen, lebendigen Welt und abwechslungsreichen Missionen zu konfrontieren. Da wir von der kinoreif inszenierten Handlung so wenig wie möglich vorwegnehmen möchten, halten wir uns mit Details an dieser Stelle zurück und entlassen euch lediglich mit einem kleinen Hinweis in die Weiten des Wilden Westens: Hier ist nichts, wie es auf den ersten Blick scheint. Und wer denken sollte, dass sich Red Dead Redemption auf ein simples Rache-Epos reduzieren lässt, wird schnell bemerken, dass er gehörig auf dem Holzweg ist. Auch wenn sich der Einstieg eher gemächlich gibt, macht er doch umgehend deutlich, wie abwechslungsreich die Missionen ausgefallen sind. Ihr macht mit Bonnie im Schlepptau Jagd auf Kojoten, treibt auf dem Rücken eines Pferdes Rinderherden zusammen, schnappt euch zwielichtige Viehdiebe oder tretet in einem Rennen gegen die Farmbesitzerin an. Zwar kommt die Action in den ersten Stunden dezent zu kurz, unter dem Strich muss man den Jungs von Rockstar jedoch zugestehen, dass man die Spieler hier vorbildlich an die verschiedenen Eigenheiten des Titels heranführte und die diversen Tutorials in spielerisch ansprechenden Missionen verpackte. Seinen vollen Reiz offenbart Red Dead Redemption erwartungsgemäß erst dann, wenn der Weg zum ersten Mal in die offene Welt führt, in der ihr neue Auftraggeber aufsuchen und euch an deren Missionen versuchen könnt. Angesichts der zahlreichen Nebenaufgaben und der faszinierenden Welt, die hier auf den Bildschirm gezaubert wird, leichter gesagt als getan.
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